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LA GOMERA - Die Achterbahn, nichts für Klaustropho-Biker.

Diese Story ist bereits 2016 auf La Gomera enstanden.

Blick von La Gomera auf den Pico del Tiede auf Tenneriffa..

Ich füttere mein Navigationssystem mit Achims Adresse.

Vom Hafen der Inselhauptstadt San Sebastian bis ins Valle Gran Rey, zu Achim,

sind es 21,8 km Luftlinie. Die reine Wegstrecke beträgt aber 48 km.


Die ersten 48km Motorradfahrer-Paradies... im kleinen Leihwagen, immerhin mit einem 3 Zylinder,

da steh ich drauf. Die breite und bestens asphaltierte Strasse (danke EU) schraubt sich erstmal in langen Serpentinen den Berg hinauf. Immer wieder zieht es den Blick gen Osten auf Spaniens höchsten Berg, den 3718m hohen Pico del Teide auf Teneriffa.

Noch einen letzten Blick auf den Pico, die Sonne steht mittlerweile so tief,

dass La Gomera seinen Schatten auf Teneriffa wirft.

Blitzschnell zieht Nebel zwischen den beiden Inseln auf, wir schweben über all dem,

mit der Gewissheit dass uns der Westen der Insel fast immer klare Sicht beschert.


Vorbei am Zuckerhut... äh... ich meine am Roque de Agando, einem der Heiligtümer der Ureinwohner.

Roque de Agando.

Auf der östlichen Seite der Insel verhält es sich mit der Baumgrenze genau anders herum als in den Bergen gewohnt, unten alles karg, oben wird es immer grüner.

Wir tauchen ein ins grüne Dickicht des Regenwaldes. Bis auf eine Höhe von ca. 1400 m, vorbei am Gipfel des 1487 m hohen Garajonay, schraubt sich die Strasse durch den grünen Nationalpark.

Jetzt in der Dämmerung ist es auch ein wenig „Spooky“. Die allgegenwärtige Feuchtigkeit, die sich in dünnen, faserigen Nebelschwaden über die Strasse zieht, das Moos an den Felsen, den knorrigen Bäumen und die Gerippe der, vom großen Waldbrand 2012 übrig gebliebenen, Baumstämme,

die sich im halbdunkel in den Himmel recken.

Kurz vor Arure ist es für ein paar Kilometer vorbei mit der Herrlichkeit der EU-Subventionen,

aber danach geht's in gewohnter Straßen-Qualität und in wunderbaren Schwüngen

hinunter ins Tal der großen Könige,

„Valle gran Rey.“ In den 80ern angesagtes Aussteigerparadies.

In den 90ern war ich mal zum Mountain Bike fahren hier, da ging es mit dem dicken Reisebus

über die damals erschreckend schlechte Strasse den steilen Berg entlang.

Ich erinnere mich nur ungern und mit einem seltsam, säuerlichen Geschmack im Mund,

an diesen Stunt.

Blick ins Valle Gran Rey.

Pünktlich zum Sonnenuntergang schieße ich noch schnell im Vorbeifahren ein Bild vom Hippie Meeting Point vor Casa Maria. Dort trifft man sich, trommelt, jongliert, kifft, spielt mit Feuer und gibt sich in bunten Klamotten dem Ausdruckstanz hin.


Hippie Meeting Point In Valle Gran Rey.

Wir hingegen favorisieren die Hafenspelunke

im Ortsteil Vueltas.

Dort gibt's für schmale Kohle z.B. fangfrischen Fisch und Papas Arrugadas,

kleine Runzelkartoffeln in Meersalzwasser gekocht.

Hafenspelunke in Vueltas.

Nach Vino Tinto und Carajillo (Espresso mit Brandy) lassen wir das Moppet lieber stehen.

Theoretisch könnte man den Schlüssel stecken lassen, hier wird nicht geklaut! Spätestens am Hafen in San Sebsatian würde der Inselpolizist den Sünder in Empfang nehmen.


Bevor wir uns am nächsten Morgen ins Kurvengewühl schmeißen,

muss Achim erstmal seine 20 Jahre alte DR 650 per Kickstarter zum Leben erwecken.

Ich kümmere mich derweil um die Abholung des einzigen Leih-Motorrads der Insel,

eine Yamaha XBR 250. Bevor jetzt alle schreien: “Was? ... gibt’s doch gar nicht!“

Doch, doch, war mir bisher auch völlig unbekannt.

Nachdem ich in den letzten 15 Jahren mehr als 300.000 km vornehmlich

auf Speed Triples abgerissen habe, eine ungewohnte Angelegenheit.

Das bezieht sich in erster Linie auf den desolaten Zustand der Yamaha.

... und was soll ich dann auf La Gomera wenn ich dort kein Moppet mieten kann?

... leih dir ein Moppet bei den zahlreichen Vermietern auf Teneriffa und setz über,

das macht durchaus Sinn.


Ich komme zurück und Achims Suzuki läuft immer noch nicht. Wir wechseln uns beim kicken ab. Schweisstreibender Job bei 24°C ... Anfang Januar!

Wie wir sehen, eignet sich die Zweitkleinste der 7 Kanarischen Inseln hervorragend zur Winterflucht.

Die Suzuki ziert sich, wir sind beide nass geschwitzt. 10:30 ich werde langsam kribbelig,

wir probieren es mit anschieben... no way.

Also weiter kicken... und, sie läuft... los geht’s!

Achim mit seinem zeitlosen Einzylinder.

Nach 8 km befinden wir uns bereits 550m über dem Meeresspiegel.

Kleine Pause, durchatmen und die Klamotten durchlüften.

Wir nehmen Kurs auf Vallehermoso. Im Januar kann es oben im Regenwald auch mal empfindlich kalt werden, flexible Kleidung macht glücklich.

Hinterm Wald bietet sich ein kleiner Abstecher in das weitläufige Alojera an.


Der ruhige Ort im Nordwesten von La Gomera wird von dem imposanten Vulkanschlot Roque Cano um mehr als 400m überragt. Alojera liegt idyllisch mit schöner Strandbucht in einem palmenbestandenen Tal. Badezeug nicht vergessen. Wir schrauben uns wieder den Berg hoch und dann wieder runter. Vallehermoso, kleine Pause auf dem Marktplatz.

Der schnuckelige Marktplatz von Vallehermoso.

Grüne Bananenplantagen, kleine Weinberge und Kartoffeläcker bedecken weite Teile des wunderschönen Tales.


Kunstliebhaber sollten noch einen kleinen Abstecher (ca. 3 km) zum mystischen „Castillo del Mar“ einplanen.

Die ehemalige Bananenverladestation ist heute ein Kunst – und Kulturzentrum. Und wenn du Glück hast gibt’s abends ne flotte Goa Party, das wäre doch mal eine gelungenes Kontrast Programm zum abgelutschten „Born to be wild“, „AC-DC“, „Blues-Rock“... Einheitsbrei, der uns Moppetfahrern immer serviert wird, oder?








Hinter Vallehermoso.


Vor Agulo.

Wir schwingen weiter gen Agulo, verlassen aber in Las Rosas die sensationelle Strasse,

rechts Richtung Laguna Grande zugunsten eines Highlights: Mirador de Abrante!


Mirador de Abrante
Mirador de Abrante.

Hier hat der Kanaren Reeder Fred Olsen ein Aussichtspunkt sondergleichen errichtet.

Dieses Ufo, wie aus einem James Bond Film, liegt oberhalb von Agulo und ist mit einem Skywalk ausgestattet.

Erde - Wasser - Luft.... eine wirklich atemberaubende Aussicht! ....

Trau dich!

Unter dir: Agulo "El Bonbon de La Gomera".

40° Blickrichtung: Der Atlantik.

Blick geradeaus: Teneriffa inkl. dem Pico del Teide.


Wir genehmigen uns noch einen Cafe con Leche und ich frage mich:

„Wo ist der Papagei, der so schön pfeift?“

Nein, es ist der Barkeeper und er kommuniziert in „El Silbo“.

El Silbo ist eine Pfeifsprache, die den Insulanern die Verständigung

über die unverhältnismäßigen Wegstrecken ermöglichte.

Oftmals kann man sich ins Gesicht schauen, auch wenn der Weg viele Kilometer bedeuten würde. Zum Sprechen ist es dann doch zu weit, also pfeift man sich was.



Nachdem der Schwindel vom Skywalk verflogen ist,

steuern wir Richtung Süden und begrüßen wieder den Regenwald.

Kleine Pause vom subventionierten Straßenbau.

Vorsicht! Wenn dir auf den kleinen Nebenstrassen der Reisebus mit Teneriffa Pauschaltouristen entgegenkommt, ist die Strasse dicht!

Links Richtung San Sebastian, vorbei am Gipfel des Alto Garajonay (1487m), rechts Richtung Chipude.

Kurz vor Chipude noch schnell ein Bild vom Tafelberg La Fortaleza schießen...


La Fortaleza, der mystische Tafelberg bei Chipude.

Die ganz Mutigen dürfen sich auch noch links ins Barranco de Erque stürzen,

dagegen empfinde ich den Skywalk als ein Kinderspiel.

Nichts für Klaustropho-Biker und ich bin kein Klaustropho-Biker.

Efigenia Borges.

Der Magen knurrt. Wir haben uns aufgespart für das Restaurant La Montaña Casa Efigenia, in Las Hayas.

Hier steht die Zeit still. Ende der 40er, in Worten: Vierziger! ...

hat die smarte Efegenia mit ihrem Gatten einen Lebensmittelladen eröffnet.

Ende der 60er kam das Restaurant hinzu.

Hier wird gegessen was auf den Tisch kommt, z.B. Riesenportionen Gofio, Salat und Kohlsuppe und man sollte Zeit mitbringen.

Efegenia selbst ist halb so dünn wie der Autor selbst, macht dann 35kg. Wieso diese Rieseportionen?

Die nicht ganz so Hungrigen sollten sich vielleicht eine Portion teilen.






Dann beschenkt mich die Insel noch mit einem sensationellen Schauspiel.

An einem Aussichtspunkt, 1,8km Luftlinie von Valle Gran Rey entfernt,

krabbelt der Nebel durchs Tal den Berg hoch....



Das ist nur schwer zu toppen!

Auch wenn ich durch den Nebel die Häuser im Tal sehen kann,

das Navi sagt: bis ins Tal sind es 19,7 km. 19,7 km Achterbahn!


Abendessen fällt nach Efegenia aus.

Aber gerne ein Carajillo in der Hafenspelunke!


Am nächsten Morgen fehlt uns noch irgendetwas...

Genau, ein kleiner Spaziergang durch das schnuckelige Dörfchen Agulo,

das haben wir zwar schon gesehen, aber nur von oben.

Die Aussichtsplattform vom Mirador de Abrante schwebt über Agulo.

Aber wir sind gestern nach Süden gefahren, also fahren wir heute auf direktem Weg nach Agulo, das heisst 40,7 km Wegstrecke, Luftlinie sind’s nur 17,8 km.

Weißte bescheid!


Bis Las Rosas sind wir die Strecke ja schon in anderer Richtung gefahren. Das macht aber gar nichts, wir kennen den Effekt aus den Alpen.

Fahren wir einen Pass in die andere Richtung, schaut er völlig anders aus.

Hier ist es nicht anders.

Ab Las Rosas folgt einer der geilsten Streckenabschnitte der Insel.

Bitte nicht übertreiben, denn wer in der Felswand einschlägt hat nichts zu lachen!

Nach dem wilden hin und her, rechts und links ist ein kleiner Spaziergang durch Agulo zu empfehlen. Erst besuchen wir die „Iglesia de San Marcos“, eine Kirche im maurischen Stil und nach dem Gebet gibt es eine „Torta de Cuajada“ eine Leckerei aus gebackener Milch.


Weiter geht’s und immer Kurven, Kurven, Kurven.


Nächste Station: San Sebastián de La Gomera, die Hauptstadt. Hier lockt eine wunderschöne Altstadt. Von weitem zieht es den Blick schon auf die vielen bunten Häuschen am Hang,

auch unten laden Marktplatz und Hafen zum Verweilen ein.


Zack, den Berg hoch. Die gleiche Strecke wie am ersten Tag,

zum Glück dieses mal auf dem Moppet.

Die kleine Yamaha quält sich den Berg hoch.

Geil, das hat was, wie damals. Das letzte Mal dass ich auf einem Motorrad gesessen habe,

das man derartig ausquetschen konnte, ist gefühlte 15 Jahre her.

Gleiche Insel, gleicher Kumpel, aber damals gab es nur 125er.

Wir haben uns auf einer langen Gerade, ja es gibt eine, eine Windschattenschlacht geliefert.

Regridiert zu 16 Jährigen. Brüller!

Bevor wir in den Regenwald abtauchen, biegen wir links nach Playa de Santiago ab.

Jetzt geht es wieder den Berg runter, die Moppets können locker laufen.

Playa de Santiago bietet ein chiquen Golfplatz und auch einen kleinen

Flugplatz, der die besser Betuchten zum Golfspielen herbringt.

An der extrem relaxten Strandpromenade sehe ich wieder den alten Mann mit seinem superlangen Bart, der jedes Mal wenn ich hier war, meinen Weg gekreuzt hat.

Wie immer fällt die Wahl zwischen der„Bar Terraza La Chalana“, einer Strandbar im Ibizenkischen Stil, oder einem der Cafe’s an der Promenade schwer.

Vorbei am Flugplatz streifen wir, auf der sehr spärlich frequentierten Strasse, Alajero, Igualero und dann, da ist er wieder, der mystische Tafelberg „La Fortalezza“!


Lachnummer, hier sind NUR Kurven.

Eine Lachnummer sind die Kurvenwarnschilder, denn diese Insel IST eine Kurve.

Irgendjemand sagte, der Cousin des Bürgermeister hätte eine Schilderfabrik.


Ab La Hayas könnte uns theoretisch die Route bekannt vorkommen.

Obwohl wir gestern schon einmal hier entlang gefahren sind,

ist das natürlich kompletter Unsinn.

Wie war das noch gleich mit der Nürburgring Nordschleife?

1000 Runden Minimumm um ein wenig den Überblick zu erlangen?

Wie bitteschön, soll man sich also dieses Gewürm von Kurven, binnen zweier Tagen so sehr einprägen, dass Langeweile aufkommen könnte?


Hinter Arure rolle ich mit einer Träne im Auge die breite, griffige Strasse hinunter ins

Vor der „Casa Maria“ bereiten sich die Hippies auf ihr Abendspektakel vor.

Wir biegen rechts zum Playa de Ingles ab und schießen noch ein Bild am Strand.

Die kleine Yamaha geht zurück und ich versuche mir den Rest des Urlaubs schön zu reden....

„Nein, nein... es ist auch ohne Moppet schön!!!“

„Konzentrier dich auf das leckere Essen!!!“

„Es ist so herrlich am Strand!!!“

usw., usf., etc......

... und immer wenn ich den Berg raufschaue und ich die Strasse seh,

die sich da hoch schraubt, dann kommt diese Gefühl...

... ihr wisst schon.




INFOS:


Ganz untypisch für Spanien, hat La Gomera keine Moppetkultur.

Motorräder haben hier Seltenheitswert. Eine Reise ist die Insel dennoch wert!

Das Land:

La Gomera gehört zu den Kanrischen Inseln und ist nach El Hierro die zweitkleinste

der sieben Inseln des Spanischen Archipels im Atlantik.

Auf La Gomera erwarten dich eine Vielzahl von faszinierenden Landschaften.

Lass dich von der üppigen Natur und der Magie der Insel verzaubern!

Im Jahre 2011 wurde die Insel von der UNESCO wegen ihrer Ökosysteme als Biosphärenreservat eingestuft und mit Prädikat versehen.



Anreise/Reisezeit:

Das bedeutet auch dass wir schnell übersehen werden, weil niemand mit uns rechnet.

Wenn man fällt, fällt man mitunter sehr hart, oder sehr tief, oder beides!

Reiseenduros, Supermotos oder handliche Nakeds sind perfekt,

Racer sind eher suboptimal, auch wenn sie sich in der Dämmerung gut machen.





Motorräder mieten gestaltet sich eher schwierig, meines Wissens kann man ein einziges Motorrad auf der Insel mieten.

Besagte Yamaha XBR 250 (ja, Yamaha XBR!) die sich in relativ desolatem Zustand befand.

Mein Tipp: bei einem der zahlreichen Vermieter auf Teneriffa ein Motorrad in Top Zustand mieten

und mit der Fähre nach La Gomera übersetzen. Binnen 3 - 5 Tagen kann man locker die zauberhafte Insel erkunden.


Unterkunft:

Unser Freund Achim Pfeiffer führt das LOFT 210, ein Haus mit sehr schönen Ferienwohnungen .

So schön das wir uns nach nichts anderem umgesehen haben, sorry.


Gruß Uli








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